How To Smoke

How To Smoke

August 13, 2024

How to Smoke - Vorwort

"Wie raucht man denn eigentlich Zigarre?" Diese Frage wird mir öfter gestellt, als man meint und birgt unter Ihrem naiv wirkenden Klang doch einiges an Substanz. Ich möchte nicht leugnen, dass ich manchmal verlockt bin mit einem: "Im Idealfall mit dem Mund." Zu antworten, obwohl ich weiß, was hinter dieser Frage steckt: Häufig ist das Rauchen kein Problem, aber der Teufel liegt im Detail.

Internet und Literatur überhäufen einen mit Hinweisen, Regeln und Tutorials zu dieser Frage. Darum möchte ich nun auch meine Gedanken zu dem Thema beisteuern, um die Sache noch etwas komplizierter zu machen.

Die Auswahl

Ach wäre die Wahl der richtigen Zigarre doch so einfach wie der Kauf eines technischen Geräts. Eckdaten vergleichen und persönlichen Bedarf checken: fertig. Doch hier geht es um Lust und Laune, Geschmack und Präferenz. Falls Ihnen einmal die Inspiration fehlt, beanspruchen Sie ruhig die Kreativität des Verkäufers Ihres Vertrauens. Beschreiben Sie ihm kurz, was Ihnen schmeckt und schauen Sie, wie er Ihren Geschmack interpretiert. Wer weiß, aus Versehen schmeckt es Ihnen vielleicht.

Aber nicht nur die Zigarre entscheidet, ob sie Ihnen schmeckt. Ihr Geschmack ist auch abhängig von Ihrer Tagesform und Laune, sogar die Umgebung und die Beleuchtung spielen eine Rolle. Darum sollten sie Einsteins Definition von Wahnsinn in den Wind schlagen und eine neue Zigarre nicht nur einmal, sondern zweimal probieren.

Die richtige Zeit

Ein nagender Hintergedanke oder ein drohendes Ereignis in naher oder ferner Zukunft tun Ihnen und der Zigarre nicht gut. Das genussvolle Rauchen ist ein perfekter Katalysator, um eine gute Stimmung in eine Fabulöse zu verwandeln. Genug Zeit ist kein ausreichendes Kriterium, es muss auch die richtige sein.

Das Anschneiden

Nach diesem kurzen organisatorischen Teil geht es nun an die Zigarre. Das Anschneiden kann von der Notwendigkeit bis zum Zeremoniell alles sein. Dem entsprechend gibt es verschiedene Optionen, um für Durchzug zu sorgen, von pragmatisch bis zum rituellen Werkzeug.

Am bekanntesten ist das glatte Anschneiden, wahlweise mit einer Zigarrenschere oder mit den verschiedensten Variationen der klassischen Guillotine. Bei dem eigentlichen Vorgang ist es wichtig, ein kleines Stück der Kappenrundung bestehen zu lassen, damit die Oberflächenspannung des Deckblatts erhalten bleibt. Durch das Anscheiden über den gesamten Durchmesser der Zigarre lassen sich möglichst viele Aromen wahrnehmen.

Den pragmatischen Ansatz bietet der Punch- oder Roundcutter. Man stanzt unter leichtem Druck und Drehung des Werkzeugs ein Loch in den Zigarrenkopf. Der Vorteil des "Anbohrens" ist simpel: weniger Tabakbrösel im Mund. Allerdings wirkt der Geschmack häufig etwas kräftiger, da nicht der komplette Querschnitt der Zigarre freigelegt wird.

Der Keilschnitt oder V-Cut ist ein Urahn des Anschneidens. Da er ursprünglich für trockenlagernde Sumatrashortfiller gedacht war, ist die Idee hinter dieser Variation recht einfach: ein möglichst großer Anschnitt bei gleichzeitig möglichst wenig Tabakkrümel im Mund. Bei jedem Cutter, aber bei diesem speziell ist eine gute Klinge aus hochwertigem Stahl empfehlenswert.

Am Ende bleibt es eine Geschmacksfrage, der Anschnitt ist die Zigarrenversion der leidigen iOS vs. Android-Diskussion.

Kaltgeruch und Kaltgeschmack

Nun könnte man direkt zum nächsten Punkt übergehen oder man stellt sich den olfaktorischen und gustatorischen Herausforderungen des Kaltgeruchs und des Kaltgeschmacks. Der Kaltgeruch wird ermittelt, in dem man das Deckblatt und die Einlage am Zigarrenfuß beschnuppert. Der Kaltgeschmack entfaltet sich, wenn man an der angeschnittenen, aber noch nicht entzündeten Zigarre zieht.

Nur erwarten Sie hier bitte keine aromatischen Offenbarungen. Diese beiden kalten Kollegen sind eher subtil und geheimnisvoll. Erst mit etwas Übung entwirrt sich ihr Orakel zu einer Prognose, wie die Zigarre wohl schmecken könnte.

Das Anzünden

Egal ob Sie eine normale Gasflamme, ein Streichholz, einen Fidibus oder eine Jet-Flamme benutzen, vorsichtig und langsam sind die springenden Punkte. Die Flamme sollte niemals den Tabak berühren, die Hitze des Feuers sollte langsam auf die Zigarre übergehen. Halten Sie die Flamme in respektvollen Abstand und drehen Sie die Zigarre, bis sich ein Glutnest über den gesamten Durchmesser gebildet hat. Das klappt bei einer weichen Flamme fast automatisch, bei modernen Jet-Flammen sollten Sie sich bewusst etwas zügeln.

Wenn sie die Zigarre mit vorgehaltener Flamme und engagiertem Paffen zum Glühen zwingen, laufen Sie Gefahr, dass die Glut zu heiß und der Geschmack bitter wird. Stärkere Formate verzeihen Ihnen dies nach einiger Zeit, dünnere rächen sich über die ganze Rauchdauer.

Geht Ihnen die Zigarre einmal aus, ist es kein Problem, die noch warme Zigarre wieder anzuzünden. Aber eine Hälfte der Zigarre am Abend und die andere am Tag darauf sollten Sie sich verkneifen, es sei denn Sie stehen auf den Geschmack von Aschenbecher am Morgen.

Das Rauchen

Da wären wir wieder: "Wie raucht man denn nun eigentlich Zigarre?" - "Bedächtig, langsam, aber nicht zu langsam." - "Ja danke, ich wollte es gern schwammig."

Nur leider ist es genau das: schwammig. Die Zigarre ist am Ende ein Naturprodukt, genau wie der Raucher auch ein Produkt seiner und der Natur ist. Wenn es sich für Sie gut anfühlt, dass die Zigarre harsch wird und Sie etwas auf Schmerz stehen, dann bitte, ziehen Sie ordentlich an. Wenn Sie aber wissen möchten, wie Leute wie ich auf so bizarre geschmackliche Assoziationen kommen, dann rauchen sie lieber ruhig und gelassen. Spielen Sie etwas mit dem Rauch im Mundraum und versuchen Sie einmal einen Teil des Rauches durch die Nase auszuatmen, experimentieren Sie und suchen Sie sich Ihren Weg.

Und weil das alles noch nicht schwammig genug ist, möchte ich einige Worte zum Thema Rauchdauer verlieren. Ob Sie nun rauchen, bis Sie sich die Finger verbrennen oder ob Sie die Zigarre schon früher weglegen, rauchen Sie, solange es Ihnen schmeckt.

So ganz ohne handfesten Tipp möchte ich Sie allerdings nicht lassen: Die Bauchbinde wird mit demselben Harz verklebt, mit dem auch die Kuppe fixiert wird, landet dabei etwas davon auf dem Tabak sind beide unweigerlich verbunden. Entfernen sie daher dieses tückische Stück Marketing erst, nachdem die Zigarre warm und somit das Tragant-Harz weich geworden ist. Andernfalls laufen sie Gefahr, das Deckblatt zu beschädigen.

Die Asche

Wenn das Anschneiden eine Geschmacksfrage ist, dann ist die Asche eine Glaubfrage.

"Mit der Bauchbinde teilt die Asche der Zigarre das Privileg, einen absonderlichen Fetischismus und merkwürdige Tabus hervorgebracht zu haben. [...] Es ist falsch zu behaupten, die Asche an der Spitze Ihrer Zigarre wirke wie ein Thermostat auf die Glutzone, indem sie deren Temperatur konstant hält und damit auch die Temperatur des eingesogenen Rauches regelt. Sie ist für die Verbrennung oder die Erhaltung der Glut ohne Bedeutung." (Zino Davidoff, Zigarren Brevier, 1967, S. 47) Andere Quellen behaupten genau das Gegenteil.

Ich halte einen Kompromiss für sinnvoll. Selbstverständlich schützt die Asche die Glut aber nicht in dem Ausmaß, in dem es manchmal dargestellt wird. Wie lange Sie also Ihre Asche stehen lassen und ob dieselbe dann auf Ihrer Hose oder im Aschenbecher landet, überlasse ich Ihrem Gusto und Ihrer Geschicklichkeit.

Das Ende

Unterteilt man die Zigarre grob in Drittel, dann findet sie meistens zum Beginn bis zur Mitte des letzten Drittels ihr natürliches Ende. Dann legt man die Zigarre weg und lässt sie in Würde von selbst ausgehen. Und ich stimme Herrn Davidoff in seiner Aussage zu, dass es von Klasse zeugt, wenn man diese Ehre jeder Zigarre zuteilwerden lässt.

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